Oh Lord, won't you buy me an Edition
Auflage 25
Maße 30x24 cm (Druck), 32x26 cm (Blatt)
5 Farben + Glanzschicht
Hahnemühe 1584, 100% Baumwolle
Preise ab 110€
bei Interesse: post@friedagoebbels.de
Bruder und Schwester Golf blau
So, ich gehe jetzt mein Auto liebkosen.
Schön die Creme einmassieren, Ferrari-Logo-Trash-Tattoo auf dem Oberschenkel, aber keinen Führerschein.
Sneaker mit Porsche-Logo, Mercedes-Benz Eau de Toilette, gelbes Lamborghini-Shirt. Dann mit dem
E-Scooter nach Hause fahren und im Kopf das Brummen eines Motors imaginieren.
Auto-Brand-Logos als Meta-Fetisch.
Alle wissen, wofür ein Volkswagen steht: Mittelklasse. Oder ein Bentley: Einfach nur Klasse.
Die Logos lassen sich beliebig anordnen und kombinieren und entfalten je nach Kontext ihre semantische
Kraft. Bist du Nerd oder Proll, cool oder selbstironisch? Oder einfach nur Mobilitäts-Ultra?
Die Logos, Schriftzüge und die einzelnen Modelle der Marken als Marker der feinen Unterschiede (danke,
Pierre B.) und als repetitive Kraft.
Das Auto als Individualitätsmarker ist ein trügerisches Versprechen, auch wenn die Ledersitze so verlockend
gut riechen.
Vielleicht steht morgen jemand mit demselben blauen Dreier-Golf, wie du ihn besitzt, an der Ampel neben
dir und liebt ihn genauso sehr wie du. Oder jemand hat denselben Porsche Panamera mit Ledersitzen,
mit dem du dich von allen anderen Menschen auf dieser Erde abgrenzen wolltest. Die Realität glitcht mit
Vollspeed rein, und damit muss man sich arrangieren.
Das Auto als durchnummerierte Edition.
Die Produktion endet erst, wenn mal wieder eine Firma finanziell gegen die Wand crasht, aber selbst dann:
Es fahren ja sogar noch Trabis durch die Gegend, und dieser Chemiekraftwerk- Geruch, der da aus dem
Auspuff tritt, verspricht einen langsamen Tod, der erst in Jahrzehnten eintreten wird.
Es ist eine Zeitfrage, und Zeit haben wir nicht. Nimm doch einfach dein Brecheisen aus dem Kofferraum
und schlage eine schöne, fette Delle ins heißgeliebte, vierrädrige Fetischobjekt hinein. So was hat noch
niemand gesehen. Damit stehst du ganz allein an der roten Ampel und alle gucken.
Oder halt Kunst kaufen. Hat man für sich, ist aber teuer und lässt sich manchmal auch furchtbar schwer
transportieren mit dem Lieblingsauto.
Die Edition als Strategie, das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen …, danke, Walter!, die Edition als
Lösung – und irgendjemand sitzt bestimmt gerade an seinem neuen Essay über Affordable Art. Aber darin
wird ein Punkt fehlen.
Eine Abbildung, viele Brüder und Schwestern. Ist doch schön, ist doch Community-Building, da sollte man
sich doch nicht so haben. Lieber vernetzen als alleine dastehen.
Aber trotzdem, bitte, unbedingt durchnummerieren. Da hängt sie dann also am seidenen Faden, die
Individualität, in Form einer Nummer. Eins von Fünfundzwanzig. Drei von Siebzehn.
„Hallo, Fremder, was ist deine FIN?“
Die zwei identischen blauen 3er-Golfs stehen an der roten Ampel und die Personen hinter dem
Lenkrad tragen sich durchs heruntergekurbelte Fenster gegenseitig ihre garantiert einmalige
Fahrzeugidentifikationsnummer vor und lächeln, und die Ampel wird grün, und die Motoren röhren
synchron, während der eine Golf nach links und der andere nach rechts abbiegt.
Text von Johann Voigt
als Begleitung der Siebdruckedition
Oh Lord, won‘t you buy me an Edition
Friederike Goebbels, 2025